Bland-Altman-Plot

von | Zuletzt bearbeitet am: Oct 24, 2023 | Messmethodik


Ein Bland-Altman-Plot oder auch einfach Bland-Altman-Diagramm vergleicht grafisch zwei Messmethoden.

 

Erstellung eines Bland-Altmann-Plots

 

1 Zweck des Bland-Altman-Plots

1.1 Ein Anwendungsfall

Ein konkreter Anwendungsfall wäre beispielsweise die Messung eines medizinischen Sachverhaltes wie dem Augeninnendruck. Es gibt einen sog. Goldstandard in der Messung: im Beispiel des Augeninnendrucks ist dies A) die Applanationstonometrie. Hierbei wird mittels einer Spaltlampe und einem auf ihr befindlichen Druckstempel der Augeninnendruck des vorher mit Augentropfen betäubten Auges vermessen. Da eine Augenbetäubung allerdings nachteilig auf die Teilnahme am Straßenverkehr wirkt, gibt es auch eine Messung über B) einen Luftstoß. Hierbei wird die Veränderung des Hornhautreflexbildes beim Luftstoß zur Errechnung des Augeninnendrucks verwendet.

 

1.2 Vergleich zweier Messmethoden

Neue Messmethoden werden zumeist dann gesucht, wenn der aktuelle Goldstandard, also die Messmethode A, zu lang dauert, ungewollte Nebenwirkungen hat oder schlicht zu teuer ist.
Die Frage, die sich nun stellt:
Ist die (neue, günstigere, schnellere, einfachere,… ) Messmethode B in etwa genauso gut wie die Messmethode A?

 

2 Aufbau des Bland-Altman-Plots

Für ein Bland-Altman-Plot benötigt man die gleichen Probanden bzw. Testobjekte für beide Messungen. Beide Messmethoden A und B müssen zwingend am selben Proband/Testobjekt durchgeführt werden.
Somit erhält man zwei Messreihen, jeweils eine für Messmethode A und B. Das kann exemplarisch und losgelöst vom Beispiel oben wie folgt aussehen:


Messung A	Messung B
20,50	        20,23
20,58	        20,25
20,38	        20,65
20,60	        20,61
20,77	        20,45
20,29	        21,42
20,41	        21,39
20,27	        21,59
...             ...

 

2.1 Mittelwert und Differenz der Messungen

Aus beiden Messmethoden wird stets der Mittelwert und die Differenz gebildet:


Messung A	Messung B	Mittelwert	Differenz
20,50	        20,23	        20,36	         0,27
20,58	        20,25	        20,41	         0,33
20,38	        20,65	        20,51	        -0,27
20,60	        20,61	        20,60	        -0,01
20,77	        20,45	        20,61	         0,32
20,29	        21,42	        20,86	        -1,12
20,41	        21,39	        20,90	        -0,98
20,27	        21,59	        20,93	        -1,32
...             ...             ...             ...

 

Hieraus wird nun der Plot erstellt, was zunächst nur ein einfaches Streudiagramm in einem ganz normalen kartesischen Koordinatensystem mit x-Achse und y-Achse ist:

  • Der Mittelwert der Messungen A und B wird auf der x-Achse abgetragen
  • Die Differenz zwischen Messung A und B wird auf der y-Achse abgetragen

Im perfekten (aber nicht realistischen) Fall liegen alle Punkte auf der x-Achse. Es gibt keine Differenz, der y-Wert ist also 0.

Im realitätsnäheren Fall sieht das aber eher so aus:

 

Man kann hier recht gut erkennen, dass die Abweichungen, also die Differenzen, eher negativ sind. Der Mittelwert der Differenzen ist hier ebenfalls negativ (-0,739). Das heißt, dass bei der Differenzbildung aus Messung A und Messung B, in Messung B tendenziell höhere Werte gemessen wurden. Man könnte das – je nach Kontext – eine leichte “Überschätzung” nennen. Den Mittelwert der Differenz kann man ebenfalls abtragen, im Beispieldiagramm ist diese Linie rot dargestellt.

 

2.2 Abweichungstoleranz

Die Frage ist nun aber: Ist diese Abweichung akzeptabel?
Hierzu bedient man sich der Normalverteilung und ihrer Symmetrieeigenschaft. Genauer gesagt weiß man, dass bei einer Normalverteilung 95% aller Werte innerhalb der 1,96-fachen Standardabweichung vom Mittelwert liegen und dies als gut gilt.

Konkret bedeutet dies, dass man den Mittelwert der Differenz und die Standardabweichung der Differenz benötigt. Der Mittelwert der Differenz wurde oben schon genannt (-0,739). Die Standardabweichung der Differenzen ist im Beispiel 0,742. Nun addiert man lediglich die 1,96-fache Standardabweichung auf den Mittelwert bzw. zieht sie davon ab:

  • Oberer Toleranzbereich: -0,739 + 1,96*0,742 = 0,714
  • Unterer Toleranzbereich: -0,739 – 1,96*0,742 = -2,192

Diese beiden Werte sind nun ebenfalls Geraden, die im Diagramm eingezogen werden können. Sie verlaufen bei 0,714 bzw. -2,192 parallel zur x-Achse und sind in Grün und gestrichelt dargestellt:

Bland-Altman-Plot

 

Nun beurteilt man mittels des fertigen Bland-Altman-Plots, ob es Unterschiede gibt, die auf klinisch bedeutsame Unterschiede der Messmethoden bzw. deren Ergebnisse hinweisen oder nicht. Ist dies nicht der Fall, würde man Messmethode B eine hinreichende Genauigkeit im Vergleich zur Messmethode A attestieren können.
Hierzu auch: Bland, Altman (1999), S. 139: “Provided differences within the observed limits of agreement would not be clinically important we could use the two measurement methods interchangeably.”

Liegen Werte auf oder knapp außerhalb des Toleranzbereiches, sollte man die Messung auf eventuelle Messfehler noch mal überprüfen. Bestehen diese Abweichungen weiterhin, ist eine Abkehr vom etablierten Messverfahren zumindest zu hinterfragen, im Speziellen bei klinischer Bedeutsamkeit jener.

Schließlich ist anzumerken, dass man als Annahme beim Bland-Altman-Plot davon ausgeht, dass die Mittelwertdifferenzen in etwa normalverteilt sind. Ist dies nicht der Fall, sollte eine Beurteilung auf Basis des Bland-Altman-Plots vermieden werden. Typischerweise sind Mittelwertdifferenzen allerdings normalverteilt. Dennoch ist dies zu testen, um sicherzugehen.

 

3 Literatur

Bland, J. M., & Altman, D. G. (1999). Measuring agreement in method comparison studies. Statistical methods in medical research, 8(2), 135-160.

 

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